Wir parken unser Auto kurz vor dem Dörfchen Fall, von München kommend direkt hinter der Brücke über den See linksseitig, auf dem Parkplatz für Ausflügler und Touristen. Unter der Brücke konnte man im Winter 2015 bei einem Seeablass das ehemalige Dorf Fall bewundern, einen Ort, der 1959 im neu angelegten Stausee unterging. Damals wohnten hauptsächlich Forstarbeiter im Ort, von denen sich einer sogar weigerte, sein Haus zu verlassen. Er wurde vor der Flutung des Sees zwangsweise aus dem Obergeschoß herausgeholt. Das neue Dorf wurde einhundert Meter oberhalb wieder aufgebaut und lockt seither mit seiner kleinen Kirche und der malerischen Alpenkulisse die Touristen an.
Beim Einsetzen der Boards schauen wir in das glasklare Wasser hinunter, ob wir die Grundmauern, die vom alten Fall übrig geblieben sind, auf dem Seeboden erkennen können, aber das Wasser ist zu tief. Wie die Isar wohl früher hier ausgeschaut hat? Immerhin verdankte der ursprüngliche Ort seinen Namen einem Wasserfall, der Faller Klamm, die direkt neben dem Ort lag und an der die Dürrach mündete. Das tiefgrüne Wasser harmoniert Ton in Ton mit dem dicht bewaldeten Ufer und dem mittelblauen Himmel, unterbrochen nur von einem schmalen Streifen Strand. Im Hochsommer wird das Wasser bis zu 22 Grad warm und lockt so manchen Wanderer zu einer Pause.
Unser heutiges Ziel ist es, die Mündungen von Dürrach und Walchen zu erkunden. Während die Dürrach gegenüber von Fall in einem breiten Kiesbett am See ankommt, windet sich der Walchen in einer schmalen, verlockenden Klamm in den östlichen Teil des Sees.
Wir fühlen uns ein bisschen wie auf einem norwegischen Fjord, alleine auf dem Wasser, rechts und links bewaldete Berge, hin und wieder springt ein Fisch. Wir orientieren uns am rechten Ufer und paddeln der Dürrach entgegen. Beim Näherkommen erkennen wir ein fast leeres Flussbett, denn das Wasser wird seit 1951 von der Tiroler Wasser AG größtenteils zum Achensee-Kraftwerk abgeleitet. Der Verein „Rettet die Isar jetzt“ bemüht sich seit Jahren um eine Teilrückleitung und die Umsetzung der „Europäischen Wasserrahmenrichtlinie“, auch damit die Fische wieder flussauf und –ab wandern können. Wir bleiben im tiefen Wasser und drehen ab in Richtung Norden und später Osten.
Bis zur Mündung des Walchen sind es von hier aus etwa sechs Kilometer. Der See wird schlauchförmig und immer schmaler, bis wir an einer Holzbarriere ankommen, die den ganzen See auf seiner Breite von hier nur noch rund 50 Metern überspannt. Die Barriere soll den See vor dem Treibholz schützen, das der Walchen bei Hochwasser mitführt. Am linken Ufer können wir die Barriere gut umheben. Ab hier fahren wir zickzack um das Treibholz herum und spüren allmählich eine leichte Gegenströmung. Der Ausgang der Klamm liegt direkt vor uns. Wir überlegen kurz, ob wir wirklich hineinfahren, doch es ist zu verlockend und erscheint uns ungefährlich, da die Strömung schwach ist. Also paddeln wir mit unseren SUP-Boards in die Felsenklamm hinein und mit jedem Paddelschlag freuen wir uns mehr über dieses Highlight. Grünes, feuchtes Moos bedeckt die Felsterrassen, die uns rechts und links umschließen. Nach rund 200 Metern versperrt ein kleiner Wasserfall den Weg. Ein Umdrehen der Boards ist ganz oben nicht möglich, es ist einfach zu schmal! Wir paddeln im Rückwärtsgang bis zur nächsten Auskolkung, in der wir endlich wenden können. Wir sind sehr beeindruckt von der kleinen Klamm und stärken uns am Ausgang mit einer kleinen Brotzeit, bevor wir zu unserem Ausgangspunkt in Fall zurückfahren. Auf dem Rückweg genießen wir den seltenen Rückenwind.
Die kanadagleiche Landschaft des westlichen und farblich türkisen Sylvensteinsees mit seinem weit verzweigten Mündungsdelta, das bei jedem Hochwasser sein Erscheinungsbild ändert, verschieben wir auf das nächste Mal und kehren zur Belohnung unserer sportlichen Tour erst einmal im Jäger vom Fall ein.