Objektive Gefahren
Was sind überhaupt Objektive Gefahren? Hierunter sind Gefahren gemeint, die im Gebirge von außen auf den Kletterer einwirken – die er also nicht selbst beeinflussen kann. Subjektive Gefahren hingegen wären Dinge wie Sicherungsfehler oder Verletzungen nach Stürzen aufgrund mangelnden Kletterkönnens - also Folgen an denen der Kletterer hauptsächlich selbst schuld ist und die durch korrekte Ausbildung und Übung vermieden werden können. Gegen Objektive Gefahren im Gebirge kann man sich ebenfalls indirekt durch Ausbildung schützen. Hier gilt es ein umfassendes Verständnis für verschiedene Gefahrenfelder zu bekommen und dadurch zu versuchen, sich gegen diese zu schützen und ihnen auszuweichen. Auch in diesem Gebiet gibt es zahlreiche Lehrbücher und Beiträge im Internet die die Thematik schön und ausführlich beschreiben und euch so helfen, ein grundlegendes Verständnis für potentielle Gefahren zu bekommen. Im Folgenden werden die wichtigsten objektiven Gefahrenquellen jeweils genannt und kurz erklärt.
Steinschlag
Alpiner Steinschlag ist vor allem für Kletterer die wohl unberechenbarste und damit gefährlichste objektive Gefahrenquelle. Die Ursachen hierfür können ganz verschieden sein. Meist wird Steinschlag im Gebirge jedoch durch Lebewesen, also andere Kletterer aber auch Tiere, ausgelöst. Um dieser Gefahr zu entgehen, gilt es bei der Auswahl des Kletterziels die Augen besonders weit offen zu halten. Viele Gebiete sind dafür bekannt, am Wochenende überfüllt zu sein und sollten daher lieber gemieden oder wenn nicht auf jeden Fall nur mit Helm besucht werden.
Besonders gefährlich wird es, wenn oberhalb des Klettergartens Wege oder Pfade entlang führen, da hier häufig unachtsam Steine losgetreten werden. In Mehrseillängen sollte man ebenfalls vorsichtig mit der Entscheidung sein, hinter einer Seilschaft dieselbe Route zu klettern da dort die Steinschlaggefahr extrem hoch ist. Auch seinen eigenen Aufenthaltsort sollte man im Gebirge immer sehr bedacht wählen, sei es der Standplatz in einer alpinen Route oder nur der Lagerplatz unten im Klettergarten. Schaut euch vorher euer Umfeld genau an und achtet dabei auf potenzielle Gefahrenauslöser wie z.B. Kamine, Rinnen, bewachsene Flächen oder auch den Routenverlauf und die damit verbundene Schusslinie. Neben den Kletterern und Tieren als Auslöser für Steinschlag kann einem auch oft die Natur einen Strich durch die Rechnung machen. Liegt in einer Route beispielsweise noch Schnee so kann Tauwetter für ordentlich Bewegung in der Oberfläche sorgen. Aber auch starker Wind und Regenfall kann kleine bis mittelgroße Steine lösen und so sehr gefährlich werden. Im Gebirge sollte man generell immer einen Steinschlaghelm dabei und auch am besten auf dem Kopf haben – schaden tut er mit Sicherheit nicht.
Als weitere Verhaltensregel ist noch anzumerken, dass man immer sobald man Steinschlag sieht, hört oder auch selbst auslöst laut das Kommando „Stein!“ oder im Ausland „Stone“ ruft. Wenn ihr außerdem in einer Kletterroute beim Greifen auf einmal einen losen Stein in der Hand habt oder merkt, dass ein paar Brocken lose sind, dann versucht diese ordentlich auf die Seite zu legen oder bestenfalls zu verklemmen. Wenn sich jeder Kletterer an diese Dinge hält dann sind wir alle sicherer unterwegs.
Wetter
Das Wetter ist unser ständiger Begleiter im Gebirge und sollte deshalb stets im Auge behalten werden. Es kann durch verschiedenste Ausprägungen ebenfalls sehr gefährlich für Kletterer und andere Bergsportler werden. Gewitter sind die wohl bedrohlichste Wettergefahr. Sie werden meist von Sturm, starken Böen, Regen, Hagel und vor allem Blitzen begleitet. Blitze können im Gebirge schnell tödlich enden, vor allem wenn man gerade mit seiner Tour fertig ist und sich noch auf dem Gipfel befindet. Bei Gewittern im Gebirge unterscheidet man grundlegend zwischen Front- und Wärmegewittern. Diese haben jeweils unterschiedliche Ursachen der Entstehung und damit auch verschiedene Ausprägungen.
Frontgewitter kündigen sich meist sichtbar an und sind der Anfang mehrerer Unwetter- und Regentage. Deshalb sollte man bei der Identifikation eines solchen Gewitters niemals auf die Taktik: Unterschlupf suchen und Ausharren setzen. Wärmegewitter hingegen sind schwer zu erkennen und entstehen sehr schnell. Dafür halten sie auch oft nur 15-20 Minuten an weshalb man hier durchaus einen sicheren Unterschlupf aufsuchen und danach mit der Tour weitermachen kann. Generell gilt bei Unwetter schnell zu reagieren, jedoch ohne unnötig Panik zu verbreiten. Man sollte exponierte Stellen wie z.B. Gipfel meiden oder umgehend verlassen und sich in tiefere Gebiete begeben. Wird man allerdings mitten während einer Klettertour vom Gewitter überrascht und hat keine Chance mehr aus der Wand zu kommen, so sollte man auf jeden Fall versuchen, direkten Wandkontakt zu vermeiden und sich beispielweise auf seinen Rucksack setzen. Zum Erkennen von Gewitter könnten Sportuhren mit Barometer nützlich sein. Bleibt man über längere Zeit auf der selbe Höhe und stellt dabei einen steigenden oder sinkenden Luftdruck fest, so können diese Anzeichen für ein kommendes Gewitter sein.
Aber nicht nur Gewitter können für Kletterer zur Gefahr werden – auch plötzlich aufziehender Nebel kann im Gebirge sehr verheerend sein. Dieser lässt einen schnell vollständig die Orientierung verlieren sodass nichts anderes als Ausharren übrig bleibt. Hier wird oft der Begriff „White out“ genannt, welcher vor allem bei Ski- und Hochtouren vorkommt. Dabei lassen Schneestürme auf der weißen Schneedecke die ganze Umgebung gleich aussehen, sodass man teilweise nicht mehr oben von unten unterscheiden kann. Beim Nebel in der grauen Kletterwand liegt grundsätzlich das gleiche Prinzip vor, weshalb man auch diese objektive Gefahrenquelle nicht unterschätzen sollte. Solche Nebelfelder lassen sich jedoch gut in einer Wettervorhersagen erkennen, was die sorgfältige Planung einer Klettertour umso wichtiger macht.
Auch starke Hitze und Kälte (vor allem in Verbindung mit Wind) kann im Gebirge sehr schnell gefährlich werden. Bei hohen Temperaturen sollte man immer ausreichend zu Trinken dabei haben und zusätzlich am Morgen sowie am besten am Abend zuvor genug Flüssigkeit zu sich nehmen. Dehydration beeinträchtigt die Sinnesorgane und verursacht Schwindel, was man in einer Klettertour überhaupt nicht gebrauchen kann. Auf längeren Touren sind hierfür sogenannte Camelbak's (oder auch Trinkblasen) sehr empfehlenswert, da man damit trinken kann ohne seinen Rucksack absetzen zu müssen. Das ist vor allem hilfreich wenn man gerade in einer Wand hängt oder zu einem Kletterziel zusteigt.
Aber auch extreme Kälte mit zusätzlich starken Böen lässt den menschlichen Körper sehr schnell unterkühlen und damit an seine Grenzen geraten. Bei Ungewissheit bezüglich der Wetterlage sollte man daher immer zumindest eine dünne Daune als Backup im Rucksack dabei haben. Am besten packt man noch einen Windbreaker ein, da der sogenannte Wind-Chill-Effekt einen milden Sommerabend im Klettergarten sehr schnell zur Antarktis werden lässt. Gerade bei dem Thema Hitze und Kälte sollte man auch immer an die Wandexposition denken. Vollständig Südausgerichtete Wände können selbst bei normale Temperatur unerträglich heiß werden, also immer an Sonnencreme mit ausreichendem Lichtschutzfaktor denken.
Nässe
Das Thema Nässe ist an und für sich nicht sehr kompliziert und wird daher oft unterschätzt. Wie vermutlich all bekannt ist verliert der Kletterschuh enorm an Reibung wenn die Oberfläche des Felsens feucht und vielleicht dazu sogar noch moosig ist. Das gefährliche hierbei ist nicht nur das wegrutschen, sondern auch die Auswahl der Route. Die Schwierigkeitsgrade gelten immer für trockene Routen im Idealzustand, weshalb man bei einem Rotpunktniveau von 7a nicht in zwangsläufig jede 6c bei Nässe klettern kann – Achtung vor Selbstüberschätzung! Nässe trocknet zudem unterschiedlich schnell ab. An manchen Wänden kann man schon 20-30 Minuten nach einem Regenfall schon wieder einigermaßen klettern, wohingegen andere Stelle mehrere Tage brauchen um abzutrocknen (auch hier wieder: Wandexposition beachten). Exponierte und gut durchlüftete Stelle trocknen in der Regel recht schnell wohingegen moosige Platten oder Routen unterhalb von bewachsenen Terrassen sehr lange brauchen um wieder kletterbar zu werden.
Kletterpartner und Qualität von Bandschlingen/Bohrhaken
Hinter diesen beiden letzten zusammengefassten objektiven Gefahrenquellen verbirgt sich ursächlich wieder der Mensch. Auf Fehlverhalten unseres Kletterpartners während des Kletterns haben wir persönlich fast keinen Einfluss. Deshalb gilt hier: bewusste Auswahl des Kletterpartners und ordentlicher Partnercheck. Beim Partnercheck wird der Großteil von möglichen Gefahrenquellen des Partners abgedeckt weshalb dieser niemals vergessen werden sollte.
In den meisten Routen wurden Bohrhaken und Klebehaken als Sicherungspunkte in die Wand geschraubt. Doch diesen darf man keinesfalls blauäugig zu hundert Prozent vertrauen. Sehr viele Bohrhaken lockern sich im Laufe der Zeit durch einwirkende Schüttelbewegungen der Expressen. Da viele Alpenvereine die Instandhaltung der unzähligen Kletterrouten aufgrund von Personalmangel leider nicht mehr bewältigen können, sollte man daher immer selbst ein Auge auf die Qualität der Bohrhaken werfen bevor man diese für sich und seinen Partner als sicher anerkennt. Dasselbe gilt für Bandschlingen bzw. Sanduhrschlingen, die in vielen Routen (vor allem am Gardasee) anstelle von Bohrhaken angebracht werden. Dazu kommt, dass Schlingen noch anfälliger für Abnutzung sind als Bohrhaken und man diese deshalb nur mit Vorsicht genießen kann.